In der Textilindustrie sind Spulen für die Herstellung und Verarbeitung von Garnen unverzichtbar. Je nach Aufgabenfeld werden verschiedene Spulen verwendet. Bei den hier ausgestellten Spulen liegt die Vermutung nahe, dass diese zur Weiterverwendung des Garns beim Stricken oder Wirken verwendet wurden.
Der Franzose Joseph-Marie Jacquard (1752–1834) erfand 1805 eine Maschine, die die Textilindustrie revolutionierte. Sie war eine der ersten Maschinen, die es ermöglichte, komplizierte Muster automatisch in Stoffe zu weben. Vor ihrer Erfindung mussten Muster von Hand eingewebt werden, was sehr zeitaufwändig und fehleranfällig war. Die Jacquardmaschine nutzte eine Technik mit Lochkarten, um gezielt einzelne Fäden zu heben oder zu senken. Dieses Verfahren ermöglichte es, auf großen Webstühlen komplexe Musterungen wie Blumen oder geometrische Formen zu produzieren, ohne dass ein Weber jeden Faden einzeln steuern musste. Die Lochkarten, die für die Jacquardmaschine erfunden wurden, waren die Vorläufer der Lochkarten, die im 20. Jahrhundert eine große Rolle in der Maschinensteuerung und in Rechenmaschinen spielten.
Die Warenmuster sind von der Firma Schiesser. Das Textilunternehmen wurde 1875 in Radolfzell am Bodensee gegründet und produzierte nach dem Prinzip „Alles unter einem Dach“. Zuerst wurden in der Spinnerei die Garne und Fäden hergestellt, die in der Bleicherei und Färberei ihre gewünschte Farbe erhielten. Danach wurden in der Wirkerei Stoffe darauf hergestellt, die zu Kleidungsstücken weiterverarbeitet wurden. Dazu gehörte auch der Entwurf eigener Modelle, von denen hier Muster zu sehen sind.
Die gelernte Damenschneiderin Anneliese Bohnet (1914–2005) gründete 1946 im Alten Schloss in Ludwigsburg-Oßweil eine Handstrickerei, die sie später wieder aufgab, und eine Handweberei mit einem angeschlossenen Fertigungsbetrieb. Der Betrieb zog 1948 in das Schloss Zwiefaltendorf um.
Bohnet entwarf aus den handgewebten Stoffen hochwertige und elegante Kleidungsstücke, die Frauen täglich tragen konnten. Sie stellte sich damit gegen die in den späten 1940er und 1950er Jahren noch vorherrschende Mode, sich mehrmals täglich umzuziehen, um für den jeweiligen Anlass korrekt gekleidet zu sein.
Gegen die industriell gewebten günstigeren Stoffe und die rasante Weiterentwicklung der Konfektionsmode konnten sich die handgewebten Stoffe und die maßgeschneiderten Bohnet-Modelle auf Dauer nicht behaupten. 1970 verkaufte Bohnet aus diesem Grund ihren Betrieb.
Musterkarten wie diese von der Firma Esslinger Wolle werden in der Textilwirtschaft eingesetzt, um Stoffe oder Garne darzustellen, damit Kunden ihre Struktur und Farbtöne vergleichen können. Mit der Einführung synthetischer Farbstoffe und der Serienproduktion von Stoffen ab dem 19. Jahrhundert wurde es notwendig, Farbtöne präzise und reproduzierbar darzustellen. Die Musterkarten enthalten kleine Stoffproben, die unterschiedliche Farben nebeneinander zeigen. Auf den hier ausgestellten Musterkarten sind auch Melangen eingearbeitet, also Garne, die aus Fasern in verschiedenen Farben gezwirnt sind, wodurch ein spezieller Melange-Effekt erreicht wird.
Im Auftrag der Zwirnerei & Nähfadenfabrik Göggingen konzipierte Friedrich Fischbach (1839–1908), damals Lehrer für Ornamentik an der königlichen Akademie zu Hanau, kleine Musterkarten für Stick- und Häkelarbeiten. Jedem verkauften Garnpäckchen lagen diese Musterkarten bei, sie dienten den Damen als mögliche Vorlage für ihre Handarbeiten und bewarben die Garnqualität des Unternehmens.